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A lire sur 28.09.2013 / Wochenendbeilage / Seite 3 (Beilage) Inhalt
Ende September 1913 hielt Rosa Luxemburg in zwei hessischen Orten eine Rede, in der sie vor einem Weltkrieg warnte. Die Justiz sah darin einen Anschlag auf den Staat
![]() Oktober 1931: Im Berliner Frauengefängnis Barnimstraße (1974 abgerissen). Rosa Luxemburg verbüßte hier 1907 und 1915/16 Gefängnisstrafen Foto: Bundesbildarchiv Bild-Nr. 102-12435 |
Die Angeklagte hat weiter gesagt, ein Weltkrieg werde und müsse kommen, man wolle sich aber den Weltkrieg nicht ungestraft gefallen lassen. Eine dahingehende Frage wurde von der Versammlung laut und entschieden mit Nein beantwortet. Papierne Proteste und papierne Resolutionen hat die Angeklagte nicht gemeint. Sie hat gemeint, daß eine Kriegserklärung, die der Parteivorstand nicht approbiert hat, das Volk sich nicht gefallen lassen brauche. Vor allem der Ausdruck »nicht ungestraft« kann nichts anderes bedeuten, als mit Gewalt auf einen nicht vom Parteivorstand genehmigten Krieg zu reagieren. Schließlich hat die Angeklagte gesagt: »Wenn uns zugemutet wird, auf unsere französischen Brüder die Mordwaffe zu erheben, dann antworten wir mit einem entschiedenen Nein.« Das war der Höhepunkt ihrer Rede. Ihre ganze Rede war derart angelegt, daß sie sich bis zu diesem Höhepunkt langsam fortentwickelte. Der Erfolg blieb auch nicht aus. Tosender, starker, andauernder Beifall folgte den Worten, so daß die Angeklagte ihre Rede unterbrechen mußte, derart elementar hat diese Bemerkung gewirkt. (…)
Ich kann nur sagen: Nachdem die Angeklagte in dieser maßlosen, verhetzenden Weise gesprochen hatte, können ihre Worte gar keine andere Bedeutung gehabt haben als die: Wenn euch befohlen wird zu schießen, dann erklärt, daß ihr nicht schießt und daß ihr nicht schießen werdet. Hier ist ein Zweifel gar nicht möglich. Diese Worte bedeuten die Aufforderung zu dem außerordentlich schweren Verbrechen der Meuterei vor dem Feind, das mit dem Tode bestraft wird. (…)
Die Angeklagte überlegt sich genau, was sie sagt. Ihre ganze Persönlichkeit ist nicht geeignet, eine milde Auffassung hervorzurufen. Sie gehört der extremsten Gruppe des radikalsten Flügels der Sozialdemokratie an. Sie ist bekannt durch ihre außerordentlich scharfen Reden. Sie trägt den Beinamen »die rote Rosa« nicht mit Unrecht. Die Frankfurter Reden zeigen (…), von welcher Todfeindschaft die Angeklagte gegen die bestehende Staatsordnung erfüllt ist. (…) Was die Angeklagte getan hat, ist ein Attentat auf den Lebensnerv unseres Staates. (…)